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Ein Morgen in der Provence. Was sollte er nur mit diesem Tag anfangen? Wahrscheinlich dasselbe wie mit jedem anderen Tag. Albin fummelte eine zerknautschte Schachtel Gitanes aus der Hosentasche und steckte sich im Gehen eine an. Wie jeden Morgen. Tyson hechelte ihm voraus, sah sich ab und zu mal um, als ob er sich vergewissern wollte, dass Albin noch hinterherkam. …
Ein pensionierter Bulle auf täglichem Routinegang mit seinem Mops, den sie ihm zum Abschied geschenkt und ausgerechnet Tyson getauft hatten. Nach Mike Tyson, dem Boxer, weil der Hund so eine platte Nase hatte. Andere bekamen eine Armbanduhr mit Gravur. Er einen Mops. »Damit du was zu tun hast und uns nicht mehr auf die nerven gehst«, hatten sie gesagt. Uns sich köstlich amüsiert. Albin, der aussah wie ein in die Länge gezogener Jean Gabin vom Format eines Kleiderschranks. Dazu das O-beinige sabbernde Vieh, dessen Gesicht so aussah, als habe sich ein Elefant drei Tage lang darauf ausgeruht. Was für ein Paar!
Nun, etwas zu tun hatten sie ihm verschafft, das stimmte. Das andere, das klappte nicht so ganz – denn was tat ein Bulle, der noch eine Rechnung offen hatte und vor seiner Zeit in Rente gehen musste? Natürlich sich über Neuigkeiten informieren und den Kollegen in der Gendarmerie und im Kommissariat auf die Nerven gehen.
aus: Tod in der Provence
Vom Leben im Ruhestand
Albin Leclerc ist im Ruhestand – und er ist unglücklich. Die Tage sind lang, die Tage ziehen sich wie Kaugummi. Was soll er den ganzen Tag nur machen?
Da ist einmal Tyson, der Mops, um den er sich kümmern muss, das Abschiedsgeschenk seiner Kollegen. Die beiden schaffen es jeden Morgen zum Café von Albin’s Freund Matteo, der in seinem optisch nicht gerade ansprechenden Café den besten Kaffee aller Zeiten kreiert. Außerdem kehren hier diverse Polizisten und Ermittler regelmäßig ein, so dass Albin auf dem Laufenden bleiben kann, was kriminellenAktivitäten betrifft.
Albin ist geschieden; seine Frau lebt in Paris … seine erwachsene Tochter mit Enkelin ebenfalls. Es herrscht erst einmal absolute Funkstille zwischen Albin und Paris. Albin hat nämlich seinem Schwiegersohn handfest gedroht, als er sah, dass dieser seine Tochter misshandelt hatte – was die Tochter aber ignoriert – sie will die Realität nicht wahrhaben.
… und da ist Véronique, die Inhaberin des Blumenladens genau gegenüber von Matteos Café, eine Witwe mit zwei erwachsenen Töchtern. Kurz und gut: Albin und Véronique kommen sich schnell näher. Veronique gelingt es, Albin aus seinem schläfrigen Leben herauszuholen. Sie bringt ihm bei zu kochen und sich mehr um seine Wohnung zu kümmern. Außerdem führt sie ihn in die Social Media-Welt ein … neues Smartphone, Internet-Recherchen, gemütliche Abende zu zweit und mit Freunden … Albin entdeckt die Freuden des Lebens neu … und schließlich läuten sogar die Hochzeitsglocken.
Eines Tages kommt Albins Tochter mit seiner Enkelin nach Hause – sie hat ihren Mann verlassen, nachdem er wieder einmal schlimm zugeschlagen hat. Eine endlose Scheidungsschlammschlacht beginnt. Albin hilft seiner Tochter, wo er kann, und kümmert sich um seine kleine Enkelin. (Neben Spazierengehen mit Tyson muss er jetzt auch ein kleines Mädchen in den Kindergarten bringen und abholen.) Albins Tage füllen sich – und er scheint glücklich.
Aber ist das alles?
Dieses kuschelige Rentnerdasein mit Freundin/Frau und Tochter/Enkelin sowie dem Rest der Patchwork-Familie ist wie aus dem Bilderbuch. Alles wäre gut … wenn da nicht die Kriminellen wären. Trotz aller Schönheit der Provence, des guten Essens und des noch besseren Weins, der neu gefundenen Familie gibt es Verbrechen, die Albin nicht ruhen lassen.
Sein Nachfolger ist Alain Theroux, ein durchaus fähiger Ermittler in der Mordkommission, der aber immer ein wenig … lahm wirkt und Albin nur zu gern abwimmelt. Dann ist da noch Cathérine Castel, eine Streifenbeamtin … quasi strafversetzt aus Marseille und zur Uniformträgerin degradiert. Sie ist Albin etwas mehr zugetan, aber auch sie versucht, eher Abstand zu halten, wenn es um Kriminalfälle geht. Albin geht beiden gehörig auf die Nerven.
Theroux möchte seine Fälle gern allein bearbeiten. Castel wird zwar aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfolge sowie mit Albins Unterstützung wieder in die Mordkommission versetzt – aber auch sie sieht es lieber, wenn Albin sich zurückhielte. Das kann Albin aber nicht.
Sobald Albin erfährt, dass irgendwo in seinem früheren Zuständigkeitsbereich etwas passiert ist – à la eine Leiche wird gefunden oder mehrere, ein Mensch verschwindet auf verdächtige Weise, eine Überfall lässt Leichen zurück etc. – fühlt sich Albin angesprochen und wird aktiv, d. h. Albin und Tyson werden aktiv. Albin schnüffelt herum, spricht mit Ex-Kollegen, mit der Spurensicherung, mit der Pathologin – er kennt alle noch gut aus seiner aktiven Zeit. Er hat auch keine Skrupel, selbst zu recherchieren und mit Zeugen zu sprechen. Dank seines alten Polizeiausweises … den niemand so genau anschaut …
Kurz und gut: Albin hat Erfolg. Es gelingt ihm, die Fälle zu lösen, da er eher unkonventionell an die Ermittlung herangeht. Auch für seinen alten Fall, eine Reihe verschwundener bzw. toter junger Frauen, ergibt sich mit einem Mal eine Spur. Albin findet den Täter. Castels Probleme aus ihrer Zweit in Marseille werden geklärt, was erst einmal zu Gewalttaten und weiteren Opfern führt, sie jedoch anschließend rehabilitiert.
Nach einigen erfolgreichen Fällen darf sich Albin offiziell Berater der Polizei nennen, was ihn noch mehr motiviert, sich einzumischen.
Verglichen mit dem beschaulichen, heimeligen Privatleben Albins, das sich in den Jahren entwickelt, sind die Verbrechen recht tückisch und haben durchaus eine nationale oder sogar internationale Komponente. Es gibt Serientäter und Terroristen, Verbrechen, die in den 2. Weltkrieg zurückreichen, Drogen- und Menschenhandel, Angriffe auf die Weinkultur Südfrankreichs, Rachefeldzüge von Kriminellen … Die Fälle sind spannend und sorgen immer für ein paar Überraschungen …
Albin schafft das alles. An seiner Seite ist Tyson … Tyson, mit dem Albin immer wieder stille Zwiegespräche führt, denn Tyson ist ein intelligenter Mops. Der Charme der Serie – es wäre nicht halb so schön und interessant zu lesen, wenn Tyson nicht wäre.