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Er war noch jung, und seine geschmeidigen, energischen Bewegungen zeugten von guter Kondition. Aber als er die Arme sinken ließ, fingerte er doch besorgt an seiner Taille herum, wo er immer zuerst Fett ansetzte – vor allem im Frühling, wenn die Rugbysaison schon zu Ende war und die Jagdzeit eben erst begann. … Benoît Courrèges, Polizeichef der 2900-Seelen-Gemeinde Saint-Denis, gemeinhin bekannt als Bruno, war stets auf alle Eventualitäten vorbereitet.
Oder auf fast alle. Er verzichtete auf den breiten Gürtel mit Halfter samt Pistole, Handschellen und Stablampe, mit Schlüsseln, Notizbuch und all den übrigen Utensilien, mit denen sich die meisten anderen französischen Polizisten abschleppten. Ein solcher Gürtel lag auch nicht in seinem Wagen. Zwar würde sich irgendwo aus dem Durcheinander im Heck ein Paar alter Handschellen zutage fördern lassen, doch wo sich der Schlüssel dazu befand, hatte Bruno längst vergessen. Immerhin besaß er eine Stablampe, für die er schon seit Tagen neue Batterien kaufen wollte. Im Handschuhfach schließlich steckten mehrere Stifte und ein Notizbuch, das allerdings bis jetzt nur Kochrezepte enthielt sowie das Protokoll der letzten Mitgliederversammlung des Tennisvereins und eine Liste mit den Namen und Telefonnummern der minimes, der Knirpse, die sich bei ihm zum Rugbytraining angemeldet hatten.
aus: Bruno, Chef de police
Wie Gott in Frankreich leben …
Zu Beginn der Serie lebt Bruno – wie ihr gerade gelernt habt: jeder nennt ihn einfach Bruno – seit 8 Jahren in St. Denis und verdient sein Geld damit, die lokale Ordnungsmacht in Form des Dorfpolizisten zu sein (ohne ein Team hinter sich zu haben!). Er ist Mitte 30. Als (fast) Waisenkind (Vater unbekannt, die Mutter ließ ihn als Baby zurück) und ohne gute Schulbildung ging er zur Armee, als er gerade einmal 16 Jahre alt war. Nach seinem großen Abenteuer im bosnischen Krieg (von 1992 – 1995) kam er verwundet zurück nach Frankreich, verließ die Armee und wurde Chef de police in St. Denis – mit tatkräftiger Hilfe eines Kameraden, dessen Vater zufällig der Bürgermeisters von St. Denis ist. In seiner neuen Rolle in St. Denis sind seine Ausbildung und Erziehung als Soldat immer gegenwärtig und helfen ihm, sich durch das tägliche Verwaltungschaos zu kämpfen und die Kleinkriminalität im Zaum zu halten.
Bruno wurde schnell ein geachtetes Mitglied der Gemeinschaft von St. Denis. Er kümmert sich um St. Denis und jeden in St. Denis – und jeder in St. Denis kümmert sich um ihn. Mit Hilfe des Bürgermeisters konnte er ein altes Farmhaus mit einem großen Garten kaufen und mit Hilfe seiner vielen Freunde in St. Denis konnte er es renovieren, den Garten neu anlegen … Inzwischen lebt er glücklich am Stadtrand mit seinem Hund und einigen Hühner und Gänsen. Etwas später wird er auch noch stolzer Besitzer eines Reitpferdes und lernt zu reiten. Er ist in den lokalen Vereinen aktiv – ob Tennis, ob Rugby, ob was-auch-immer … Er gärtnert gern und kocht noch lieber (später dazu mehr).
Was haltet ihr vom Leben in St. Denis?
Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen: eine Hand wäscht die andere in St. Denis. Ihr könnt es positiv sehen wie jeder kümmert sich um jeden – das ist eben die Lebensart in diesem Städtchen. So dreht sich hier die Welt. Es bedeutet, dass Bruno heimisch werden konnte, ein Haus bekam und Freunde fand.
Der Bürgermeister, der früher in Paris in der Staatsmaschinerie tätig war, nachdem er eine der berühmten französischen Verwaltungshochschulen absolviert und die dazu gehörende Karriere in der Politik gemacht hatte, pflegt immer noch seine Beziehungen, seine Informationsquellen und seine mächtigen Freunde, um alle Probleme zu klären, die in St. Denis auftreten. Er braucht jemanden wie Bruno, der alles umsetzt, ohne jemals zu vergessen, wer ihm geholfen hat, Fuß zu fassen.
Zusammen mit dem Bürgermeister gibt es noch ein paar mehr alte Männer, die St. Denis regieren – nun: alles scheint soweit gut zu sein. Jeder wünscht sich und den anderen nur das Beste, auch wenn hier und da ein paar Gesetze – wenn auch nur leicht – gebrochen werden müssen, speziell, wenn es sich um EU-basierte Gesetze handelt. (Es gibt diesen fundamentalen Groll über die EU-Nahrungsmittel-Erzeugungsverordnungen, die für die traditionelle Herstellung von Spezialitäten aus dem Herzen des kulinarischen Frankreich wenig Verständnis zeigen.)
Bruno fügt sich ein. Durch seinen militärischen Hintergrund kennt er die Befehlskette, und er überträgt seine Erfahrung auf seinen Job als Chef de police. Er ist kein Revolutionär – nein: er ist jetzt ein Soldat für St. Denis.
Seit 8 Jahren ist Bruno glücklich mit seinem Job – dann geschieht ein brutaler Mord und die politische Rechte in Frankreich ergreift die Gelegenheit, Aufruhr anzuzetteln. Es geht um Franzosen gegen Einwanderer aus Nordafrika und speziell aus den früheren französischen Kolonien. Bruno findet sich plötzlich inmitten eines Tumults wieder und ist schwer damit beschäftigt, den Frieden wiederherzustellen und gleichzeitig den/die Mörder zu überführen. Es stellt sich schließlich heraus, dass der Grund für den Mord in der Vergangenheit zu suchen ist, nämlich im 2. Weltkrieg und der französischen Résistance-Bewegung.
Von diesem Moment an scheint St. Denis nicht mehr das stille, beschauliche Dorf der letzten 8 Jahre zu sein. Natürlich muss sich Bruno immer noch um die Unfälle auf den Landstraßen, die streitenden Nachbarn, die gelangweilten Schuljungs mit ihren kleinen Streichen, um Ladendiebstähle, Einbrüche – den ganzen Kleinkram – kümmern, aber ab und zu gibt es inzwischen immer wieder (grausame!) Mordfälle … und Bruno muss viele kleine und große wohlgehütete Geheimnisse lüften – und wird dabei auch mehr als einmal (schwer) verletzt.
Bruno ist der einzige und einsame Polizist in seinem Dorf, obwohl ihm alle aufrechten Bürger und der Bürgermeister und dessen Freunde helfen. Natürlich agieren um St. Denis herum auch noch die police nationale und die gendarmerie – mit all dem üblichen Kompetenzgerangel zwischen konkurrierenden Polizeieinheiten. Bruno schafft es, mit jedem klarzukommen – er hat seine Freunde bei der police nationale genauso wie bei der gendarmerie. Er vertritt seinen Standpunkt, besitzt eine Menge Organisationstalent und Durchhaltevermögen. Am Ende ist es immer er, der die komplexen Fälle löst!
Dazu kommt noch eine ganz spezielle Verbindung zu einer Sondereinheit in Paris, die irgendwo beim Innenministerium, dem Verteidigungsministerium, der Spionageabwehr (oder so!) angesiedelt ist. (Es bleibt im Dunkel, wo das Machtzentrum eigentlich beheimatet ist.) Der brigadier – an der Spitze der Einheit – scheint fast allmächtig zu sein, beschäftigt sich mit Top-Kriminalität, Top-Spionagefällen, Top-Terroristen und mischt in der Top-Politik und ihren Affären mit … Er hat definitiv seine eigenen Interessen, ist aber immer bereit, wenn es gilt Bruno und seinem Bürgermeister zu helfen. Nun ja. Es scheint, dass das Leben in der französischen Provinz nicht bedeutet, dass es hier keine Schwerverbrechen, internationale Verflechtungen, Terrorismus und organisierte Verbrecherbanden gibt.
Fassen wir kurz zusammen: Es sind zusammen mit Bruno immer 3 Spieler im Feld (police nationale, gendarmes, brigadier (incl. Spione, Agenten, Militär, Sicherheitsdienste)!
Was passiert nun in den folgenden Jahren, nachdem Bruno seinen ersten Mordfall löst?
Da gibt es Brandstiftungen, illegale Einwanderer und Menschenhandel, Einbruchsserien, Betrugsfälle, tödliche Rachefeldzüge, schwarze Messen … und alle terroristischen Vereinigungen von ETA, IRA, ISIS, Baader-Meinhof … bis zu radikalen Umweltaktivisten, radikalen Moslems, radikalen Kommunisten und Nationalisten scheinen in Bruno’s kleiner Heimat ihren Geschäften nachzugehen, was immer in Mord und anderen Kollateralschäden endet. Der politische Hintergrund – welcher auch immer – lebt in den Familien, wo die Vergangenheit die Gegenwart regiert und zu Mord aus persönlichen Gründen führt: Gier, Neid, Niedertracht, Rache.
Ihr habt es mitbekommen? Die Vergangenheit, speziell Frankreichs Vergangenheit, mischt sich immer in Brunos tägliches Geschäft. Wir sprechen nicht nur vom 2. Weltkrieg und der Résistance, von Algerien und Indochina, sondern auch über die rebellischen 1968er und ihren Fallout, über 911 und seinen Fallout, über die Fremdenlegion und Söldner, über Geheimdienste rund um den Globus. Es ist das hässliche Gesicht unserer heutigen Welt, das sich in der idyllischen, französischen Provinz breitmacht.
… und Bruno lebt in dieser großartigen, französischen Landschaft mit ihrem berühmten Erbe an gutem Essen und hervorragendem Wein und genießt alles. Viele Käsespezialitäten, viele Patés, selbstgemästete Schweine und Enten, selbstgeschlachtete Schweine und Enten … all das ist Tradition und eher am Rande der modernen EU Gesetzgebung. Bruno ist immer dabei, wenn es darum geht, seine Schäfchen vor externen Inspektionen zu schützen, um weiterhin die exquisiten, lokalen Delikatessen genießen zu können.
Bruno ist ein ausgezeichneter Koch – eines dieser herausragenden Geschöpfe, die kochen können, eben einfach mal kochen. Er lebt glücklich auf seinem umgebauten Bauernhof, kümmert sich intensiv um seinen Gemüsegarten, füttert seine Hühner, und kocht gern … nimmt sich ein paar frische Eier, etwas frisch geerntetes Gemüse und Salat, etwas selbst-mariniertes/gepökeltes/geräuchertes Fleisch … Es überrascht immer wieder, wie schnell er ein exquisites Abendessen für seine Freunde zubereiten kann, wobei seine Freunde Dessert und Wein mitbringen. (In den Bücher werden viele dieser Festgelage im Detail beschrieben: ihr bekommt sofort Lust am Kochen, wenn ihr es nur lest.) … und Bruno muss sich auch nie um den Abwasch kümmern – wie es scheint!
Bruno hat viele Freunde, aber er lebt allein. Das ist sein Hauptproblem. Er träumt von einer Ehefrau und Kindern, während er seinen Bauernhof renoviert und ausbaut. Es ist nicht so, dass sich nicht viele schöne Frauen für Bruno interessieren und mit ihm die eine oder andere Nacht verbringen. (Bruno wird von vielen Müttern mit Töchtern in St. Denis als einer der begehrtesten Junggesellen gesehen!)
Da ist Isabelle, eine junge, aufstrebende Polizistin der police nationale, die aber leider ihre Karriere in lieber Paris fortsetzen will, als in St. Denis zu bleiben und mit Bruno zu leben. Da ist die Verrückte Engländerin, die nicht Brunos Leidenschaft für Pferde und das Reiten entfacht. … und da gibt es noch viele andere! Immer sind seine Frauen intelligent, gebildet und erfolgreich in ihrem Beruf: nicht unbedingt die Grundlage für eine Familiengründung mit Kindern. (Ehrlich, ich glaube nicht, das sich in Kürze eine Lösung für dieses Problem auftun wird.) Es ist inzwischen für Bruno zur Belastung geworden, und ich denke, dass er immer unglücklicher wird, denn sein Wunsch nach Kindern ist weit davon entfernt, erfüllt zu werden.
Wenn wir uns das Leben in St. Denis, im Périgord, so anschauen, wirkt es schon wie Leben wie Gott in Frankreich. All sind glücklich – auch die armen Leute werden umsorgt. Alle lieben das großartige Essen und die hervorragenden Weine und haben mehr als genug davon. Es herrscht eine allumfassende Harmonie. Sogar die Touristen und Expats, die sich hier niedergelassen haben, fügen sich schnell ein.
Lest eines der Bücher … und ihr werdet schnell anfangen, von einem langen Urlaub im sonnigen Südfrankreich zu träumen oder sogar an euren Ruhestand in naher oder ferner Zukunft zu denken. (Ist das alles wirklich real?) Die Kriminalfälle sind dabei nur das Sahnehäubchen, das für Spannung sorgt – der Rest …