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Wenn die Moskauer Regeln bedeuteten, dass man auf sich aufpassen musste, bedeuteten die Londoner Regeln, dass man seinen Arsch schützen musste. Die Moskauer Regeln wurden auf der Straße gemacht, die Londoner Regeln jedoch wurden in den Korridoren von Westminster entwickelt, und die Kurzfassung lautete: Einer bezahlt immer. Pass auf, dass du es nicht bist. Niemand wusste das besser als Jackson Lamb. Und niemand spielte es besser als Di Taverner.
aus: Slow Horses (eigene Übersetzung)
Willkommen in den neuen Welt der Spione
Spionageromane sind spannend, vor allem, wenn es sich um die erste Liga handelt, d. h. um Spione aus Großbritannien. Es gibt die düstere Welt der Spionage des Kalten Krieges in den 60er und 70er Jahren, die von John Le Carré geschaffen wurde, sowie das überaus glamouröse Leben von James Bond, das von Ian Fleming in Szene gesetzt wurde. Ein Hauch von Realität wurde von Stella Remington, einer ehemaligen MI5-Direktorin, hinzugefügt, als sie über Liz Carlyle schrieb.
Es gibt natürlich noch viel mehr, aber jetzt gibt es vor allem Jackson Lamb.
Jackson Lamb hat seinen Bürositz nicht in Regent’s Park, wo die Crème de la Crème des MI5 arbeitet. Er hat seinen persönlichen Schreibtisch in Slough House, irgendwo … in London. Er ist der Herr bzw. Halbgott einer Handvoll MI5-Agenten mit besonderen Aufgaben.
Klingt gut? Nun …
Niemand weiß genau, warum Jackson Lamb in Slough House gelandet ist – zumindest wird es in den ersten fünf/sechs Romanen nicht enthüllt. Es gibt nur Andeutungen. Vielleicht hat er vor Jahrzehnten jemanden getötet, mit Duldung des MI5 – oder sogar im Auftrag des MI5. Vielleicht ging etwas schief, so dass er seinen Job in Slough House und sein privates Team bekam: eine Art Abschiebung. Er scheint in seinem kleinen Reich jedoch recht zufrieden zu sein.
Sein Team besteht aus MI5-Agenten, die es vermasselt haben. Jedes Mitglied hat sein persönliches Geheimnis, warum es in Slough House gelandet ist – und darf das Mi5-Hauptquartier nicht mehr betreten. Natürlich weiß Jackson Lamb alles darüber. Er ist hervorragend mit allen Ebenen des MI5 vernetzt, oft eher im Sinne, dass er persönliche Geheimnisse von diesem und jedem kennt, als …
Zurück zum Team: Sie werden von jedem im MI5 als Slow Horses bezeichnet, weil sie Mist gebaut haben. Allerdings haben sie nicht so viel Mist gebaut, dass sie gefeuert worden wären. Sie können ruhig in Slough House arbeiten und irgendetwas in Datenbanken suchen, Statistiken und nutzlose Berichte liefern – es ist sichergestellt, dass sie keine Fehler mehr machen können, weil alles, was sie tun, irrelevant ist und in der Zentrale sofort in den Papierkorb geworfen bzw. geschreddert wird. Sie haben keinen Zugang zu irgendwelchen geheimen oder gar streng geheimen Informationen oder Operationen.
Nach und nach kommt heraus, dass der eine oder andere von einem hohen Tier im MI5 absichtlich nach Slough House abgeschoben wurde, weil er – bewusst oder unbewusst – Informationen über irgendetwas in der Gegenwart oder Vergangenheit hatte, das die Karriere dieses hohen Tieres hätte beenden können. Manchmal scheint es zu genügen, nach kritischen Informationen gefragt zu haben, die – wenn auch unscheinbar – in den Archiven des MI5 versteckt sind.
Das ist Jackson Lamb und seine Slow Horses – alles ist ohne Ziel und Zweck.
Jackson Lamb ist eine Nervensäge. Er hat sich einen großen Korb voller schlechter Verhaltensweisen zugelegt, wie sein Team anschreien, sein Team verhöhnen, sexistisch sein, Lügen erzählen oder Fakten zurückhalten … den ganzen Tag lang Snacks von fremden Schreibtischen naschen, rülpsen und furzen, an seinem Hosenstall herumfummeln … Ansonsten kümmert er sich aber doch um sein Team und sorgt dafür, dass sie Hilfe bekommen, wenn es gefährlich wird.
Wie kann es zu einer gefährlichen Situation für ein Teammitglied kommen? Im Hinblick auf ihre tägliche Arbeit am Schreibtisch?
Das Team ist unglücklich und sucht nach jeder Möglichkeit, zu entkommen und etwas zu unternehmen. Bisher haben sie es nicht geschafft, in eine kritische Operation eingebunden zu werden, aber sie schaffen es immer wieder, sich hineinzumogeln. So entsteht natürlich auch ein gewisser Blutzoll. (Seid sicher, dass immer recht schnell Ersatz nachrückt!)
Am Ende gelingt es den Slow Horses immer, eine kritische Operation zum Erfolg zu führen – nur profitieren sie nicht davon: sie bleiben in Slough House … und Jackson Lamb schikaniert sie weiter.
So weit Slough House … und der Rest des MI5?
Der MI5 ist zu einem Club von Karrieristen verkommen, der von Politik und persönlicher Macht kontrolliert wird. Jeder will Erfolg haben, wenn es um seine persönliche Position geht. Um ihre persönlichen Ziele zu erreichen, schrecken sie vor nichts zurück, sind zu jedem Grabenkrieg und jeder Art von Verschwörung bereit.
Die moderne Welt der Spione ist weder glamourös noch deprimierend und voller eifriger Beamter – sie gleicht eher einem modernen Unternehmen, in dem jeder seinen persönlichen Vorteil sucht und Verbindungen und Informationen die Firma beherrschen.