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Geben Sie mir doch einfach die Chance, zu beweisen, dass …
aus “Prime Suspect I” (eigene Übersetzung)
Wie man ein Dinosaurier wird
Jane Tennison, geboren 1950, macht eine Ausbildung bei der Polizei und ist entschlossen, Karriere zu machen. Sie bahnt sich ihren Weg und klettert die Rangstufen nach oben. Es ist ein harter und holpriger Weg, den sie noch dazu in einer reinen Männerwelt bewältigen muss. Doch sie ist letztlich erfolgreich, jedoch um den Preis, dass sie genauso rücksichtslos und verschlagen agiert wie ihre männlichen Kollegen.
Mit 40 Jahren ist sie schließlich DCI (Detective Chief Inspector), später wird sie sogar DSI (Detective Superintendent). Als sie Mitte 50 ist, geht sie in den wohlverdienten Ruhestand – wie man so sagt. An diesem Punkt ihres Lebens ist sie nicht mehr die junge, aufstrebende Polizistin, die für alles offen ist, um jedes Verbrechen zu lösen, das auf ihrem Schreibtisch landet. Während ihrer letzten Jahre bei der Polizei wird sie zunehmend berechnend und schätzt bei jedem Fall ihre Chancen für ihre weitere Karriere ab. Ein Kriminalfall wird somit immer häufiger zu einem Vehikel für den Fortschritt ihrer Karriere. Gleichzeitig verliert sie langsam irgendwie den Bezug zur modernen Polizeiarbeit; die Arbeit mit IT-Recherchen in Datenbanken, das Verfolgen von Smartphones und all dieser CSI-Kram ist ihr fremd. Sie ist ein Dinosaurier in dieser neuen Welt.
Die TV-Serie Prime Suspect deckt etwa 15 Jahre des Lebens von Jane Tennison ab. Es ist ihr Leben als DCI bzw. DSI. Ich habe nie Romane über Jane Tennison gelesen, obwohl es einige gibt – nur die TV-Serie hat meine Erfahrung geprägt. Deshalb habe ich, wenn ich an Jane Tennison denke, immer Helen Mirren im Kopf. Sie verkörperte die ganze Serie hindurch die mit Würde reifende Jane. Auch einige der anderen Protagonisten, z. B. ihre männlichen Kollegen, tauchen immer wieder auf, steigen die Karriereleiter hinauf und werden älter. Nicht nut Jane entwickelt sich in diesen Jahren, sondern die gesamte Polizeiorganisation und ihre Mitarbeiter.
Wie es heutzutage üblich ist, gibt es ein Spin-Off The Young … Es gibt also einige Romane über Jane am Anfang ihrer Karriere, und es gibt eine TV-Serie dazu. Ich habe noch nie einen dieser Romane gelesen oder diese Serie gesehen. Mein Fokus liegt auf der Original-TV-Serie.
Jane hat eine Familie, aber sie verliert ihren Vater und ihre Schwester aus den Augen … Am Ende ist sie allein. Ihr Vater ist gestorben. Ihre Schwester hat genug von Janes Prioritäten, in denen ihr Privatleben keine rolle spielt.
Das Gleiche gilt für jede Beziehung. Jane ist rücksichtslos, wenn sie einen Fall bearbeitet, und ihre Partner sowie deren Kinder müssen zurückstehen. Ihr könnt sicher sein, dass niemals ein Happy End geben wird. Auch einmal, als sie unabsichtlich schwanger wird, überlegt sie es sich nicht allzu lange.
Am Ende ist sie allein – allein mit vielen Flaschen. Eine Weile gleitet sie immer tiefer in das Tal der sanften Entspannung und verschläft … Plötzlich gibt es Probleme im Büro und nur, weil einige Mitglieder ihres Teams alles vertuschen, wird eine kleine Katastrophe vermieden. Jane trägt die Konsequenzen und beginnt, regelmäßig zu AA-Treffen zu gehen, wo sie – Überraschung, Überraschung – einen Kollegen aus ihrer Vergangenheit trifft, der damals nicht so begeistert davon war, Jane als Chefin zu bekommen, aber jetzt …
Jane lebt ihr ganzes Leben in einer Männerwelt. Die Polizei von Großbritannien ist eine Männerwelt. Jane ist nicht zufrieden mit kleinen Fällen und schmutziger Arbeit, die niemand gerne aufräumt. Sie will mehr, die großen Fälle, die Vorzeigefälle, die Fälle, die ihr den Weg zur Karriere ebnen. Natürlich bekommt sie ihre Chance – und landet in einem Wespennest.
Die Polizei ist in den 90er Jahren eine Gemeinschaft für sich. So mancher Kollege hat seine ganz eigenen und speziellen Geschäftsinteressen irgendwo in dieser Grauzone zwischen Recht und Ordnung und Kriminalität. Wenn jemand wie Jane versucht, Licht ins Dunkel zu bringen – vielleicht weil eine Leiche auftaucht – reagieren diese Kollegen sofort und heftig. Es gibt Cliquen, es gibt ehemalige Kollegen, es gibt Mauscheleien zwischen vielen Kollegen, es gibt Gefälligkeiten, die eingefordert werden …
Jane kämpft, aber sie lernt auch, wie sie mit diesem verworrenen Netz der Kameradschaft umgehen muss und die Vorteile, die es hat, manchmal vorbeizusehen. Natürlich wird sie manchmal spontan versetzt … weit weg, aber sie kehrt zurück und weiß, wie sie sich als Anwärterin auf die DSI-Stelle in Position zu bringen hat. Am Ende setzt auch Jane erfolgreich Methoden ein, die ihre zwielichtigeren Kollegen benutzen, um zu überleben und sich ein bequemes Leben zu machen.
Ihre Fälle? Sie hat mit Prostitution zu tun, mit dem ganzen Müll, der aus den Sozialwohnungssiedlungen herausschwappt, mit Kindesmissbrauch, vermissten Kindern, Drogenhandel … Obendrein gibt es sexistische Kollegen …
Am Ende geht Jane einfach weg. Sie lässt ihre Abschiedsparty ausfallen und verlässt ganz allein das Gebäude. Pläne? Hat sie irgendwelche Pläne für ihr weiteres Leben? Ohne ihre Arbeit scheint es eine große Leere zu geben. Doch wer weiß es schon …