mendt und elling – gratwanderung

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Quelle: pixabay

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Manchmal las sie in seinem Gesicht dieselbe Überraschung, die sie empfand, wenn sich zwischen ihnen diese stumme Übereinstimmung einstellte. Ein rätselhafter Gleichklang, dem sie beide nicht ganz über den Weg trauten.
Denn es gab so gut wie nichts, in dem sie ansonsten übereinstimmten. Frank Elling lebte mit seiner Tochter und seiner Frau in seinem Haus in Rostock-Brinckmannsdorf. Fest verwoben in ein Netzwerk aus Kollegen, Nachbarn, Freunden, mit denen er auf dem großen Fernseher im Wohnzimmer Fußball schaute oder auf der Terrasse grillte. In der Nachbarschaft half man sich gegenseitig mit ein paar Eiern oder Dosentomaten aus, eben das, was an seinem Sonntag so fehlte, wenn die Supermärkte geschlossen hatten. Und im Winter schippte man auch die Ausfahrt des Nachbarn mit frei.
Gemeinsam nicht viel Aufhebens machen.
So war das Leben im Ringelrankenweg.
Lona Mendt dagegen blieb nie lange an einer Stelle. Im Augenblick parkte das Wohnmobil, in dem sie wohnte, auf dem Campingplatz in Markgrafenheide, keine dreihundert Meter von der Ostsee entfernt und fünf Kilometer von Rostock-Toitenwinkel. Sie hatte es mit jedem Monat des Gebrauchs immer weiter an ihre Bedürfnisse angepasst. Etwa, dass die Bonneville hinten in den Laderaum passte. Gesägt, gebohrt, Leitungen verlegt, Ventile eingestellt. …
Es gab nichts, was lange hielt. Sie war erst vor knapp 15 Monaten von Hannover auf eigenen Wunsch nach Rostock versetzt worden. In der Rostocker Kripo galt sie auch wegen ihrer Lebensumstände als eine Exotin.

aus: Die Toten von Marnow

Unter Druck

Mit Mendt und Elling betreten zwei Kriminalkommissare die Bühne, die alles andere als … ja was … sind. Einerseits bemühen sich beide, Verbrechen, speziell Mordfälle, aufzuklären, und scheuen auch nicht davor zurück, sich mit jedem anzulegen, der ihnen quer kommt – auch nicht, wenn es sich um Vorgesetzte oder Politiker oder – allgemein gesprochen- einflussreiche Persönlichkeiten handelt. Andererseits sind sie nicht zimperlich, wenn es darum geht, Recht und Ordnung in die eigenen Hände zu nehmen. Außerdem scheint die Grenze Richtung Verbrechen für sie recht flexibel zu sein.

Kurz gesagt: es sind zwei für die deutsche Szene ungewöhnliche Kriminalbeamte.

Mendt scheint immer auf der Flucht zu sein – vor ihrer eigenen Vergangenheit. Es stellt sich später heraus, dass sie Mann und Kinder bei einem tragischen Unglücksfall verloren hat – ein tiefer Einschnitt in ihrem Leben, den sie nicht verarbeitet hat. Ihre Antworten sind der Weggang aus Hannover, die Rolle als Motorradfahrerin, das Wohnmobil … und das Vernaschen junger Kollegen. Im ersten Fall der Serie wird sie selbst brutal angegriffen und sie rächt sich, sie greift zur Waffe und drückt ab. Zum Schluss erlaubt sie aktiv einem Opfer (Täter) sich an einem Drahtzieher, der sich immer im Hintergrund gehalten hat, zu rächen …

Elling hat ganz andere Sorgen. Sein Privatleben ist ihm heilig und er tut alles, um seine Frau und seine Tochter zufriedenzustellen, alle ihre Wünsch zu erfüllen. Es klappt aber nicht ganz so, wie er es sich wünscht. Schließlich ist er nur ein Kriminalhauptkommissar mit begrenztem Einkommen. Seine Projekte wie das Eigenheim, der Swimmingpool, die zusätzliche Gegenstromanlage für den Pool, das Auto für die Tochter – er kann das legal nicht finanzieren. Er kann aber auch nicht zurückstecken, sich beschränken, denn zu sehr liebt er seine Tochter und seine Ehefrau. Also ist er anfällig für Bestechung – und er steckt alles ein, was sich ihm bietet. Zumal er auch noch eine Mutter hat, deren Altersdemenz fortschreitet und die ein gutes Pflegeheim braucht. Als er trotz all seiner Anstrengungen erfährt, dass ihn seine Frau betrügt, schlägt er zurück und ruiniert knallhart und blitzartig das Leben ihres Liebhabers auf nicht gerade legalem Weg.

Es dürfte inzwischen klar sein, dass die beiden Helden der Serie Dreck am Stecken haben, dass sie auf verdammt dünnem Eis herumspazieren, speziell im ersten Fall der Serie, in dem sich die Ereignisse nicht nur im privaten Bereich, sondern auch beruflich überschlagen.

Es gibt Tote. Es gibt brutal ermordetet Menschen. Mendt und Elling stochern in den Blutlachen herum und suchen ein Motiv, dass sich erst langsam zeigt. Es geht um Vorkommnisse in der DDR, an der Firmen aus der BRD nicht unschuldig waren. Das mag zwar inzwischen Jahrzehnte her sein, aber es gibt immer noch Opfer, die überlebt haben, Angehörige von Opfern, die immer noch trauern. Mittendrin agieren Seilschaften aus DDR-Zeiten, die die Wiedervereinigung überlebt haben und deren Mitglieder inzwischen auf neuen, einflussreichen Positionen agieren. Der Fall ist kompliziert, aber es gelingt Mendt und Elling schließlich alles restlos aufzuklären.

Am Ende … kommen Mendt und Elling ungeschoren davon. Mendt hat sich selbst gerettet und ihre Racheaktionen mit Hilfe von Elling verschleiern können. Elling nutzt das Bestechungsgeld, um sich zu sanieren, auch wenn seine Ehe dabei geschieden wird. Schließlich sitzen beide in Ellings Garten und genießen den Abend.

Wie geht es weiter? Der nächste Fall kommt und es scheint ebenso komplex und brutal zu werden wie bisher.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare