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Drei weise Männer schauten herab auf das schlafende Kind. Aber das Kind war Rebecka Martinsson und die Männer der stellvertretende Generalstaatsanwalt Carl von Post, Rechtsanwalt Måns Wenngren und Polizeiinspektor Sven-Eric Stålnacke.
‚Sie hat drei Menschen getötet,‘ sagte von Post. ‚Ich kann sie damit nicht einfach davonkommen lassen.‘
‚Es ist ein klarer Fall von Selbstverteidigung wie aus dem Lehrbuch,‘ sagte Måns Wenngren. ‚Können Sie das nicht erkennen? Im übrigen ist sie der Held der Stunde. Glauben Sie mir, die Zeitungen sind schon dabei, eine richtige Modesty Blaise-Story zusammenzustricken. Hat zwei Kinder gerettet, hat all die bösen Jungs getötet… Sie müssen sich langsam fragen, welche Rolle Sie dabei spielen wollen. Der Scheißkerl, der sie verfolgt und versucht, sie ins Gefängnis zu stecken? Oder der nette Bursche, der mitspielt und dafür einen Teil des Ruhms einsackt?‘
Der Blick des stellvertretenden Generalstaatsanwalts wurde unsicher. Richtete sich auf Sven-Erik, wo er aber keine Unterstützung sah, nicht einmal die leiseste Hilfestellung.
aus: The Savage Altar (eigene Übersetzung)
Eiskalte Menschen in einem eiskalten Land
Rebecka, eine erfolgreiche Steueranwältin in Stockholm, kehrt nach Hause zurück – nach Kiruna in Nordschweden. Es ist die nördlichste Stadt in Schweden, wo fast das ganze Jahr hindurch die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt liegen. Sie liegt nördlich des Polarkreises: im Juni und Juli wird es nachts nicht dunkel, während es im Dezember auch tagsüber nicht hell wird.
Es ist ein hartes Leben am Polarkreis. Alle Menschen erscheinen hart und einsam. Die Menschen nehmen sich alles, was sie brauchen, um zu überleben. Nach einer persönlichen Katastrophe in ihrer Jugend hat Rebecka Kiruna verlassen, um im Süden an der Universität Jura zu studieren. Rebecka ist hochintelligent, arbeitswütig und ein einsamer Wolf: sie hat fast keine Freunde – weder in Kiruna noch in Stockholm.
Die arktische Landschaft ist gefährlich und ihre Menschen sind ebenso gefährlich. Wer eine falsche Bewegung macht oder die tückische arktische Landschaft um sich herum einmal vergisst, muss sterben. Es ist auch das Grundprinzip, dem die meisten Menschen hier einfach folgen, um zu überleben und sich ihren Lebensunterhalt zu sichern – immer unterstützt von Alkohol.
In den beiden ersten Romanen ist Rebecka eine Rechtsanwältin, die sich für die potenziell unschuldig Angeklagten einsetzt. Dann wird sie stellvertretende Staatsanwältin mit offiziellem Dienstsitz in Kiruna, wo sie für den Staat arbeitet und Kriminelle zusammen mit der Polizei verfolgt. Dazwischen ist sie für die lange Zeit von zwei Jahren in psychiatrischer Behandlung, sogar in einer Anstalt.
Was ist passiert?
Ich war tief berührt von Rebekkas Geschichte und vor allem auch vom Mut der Autorin, einmal so einen Trip in die mentalen Probleme eines Menschen zu wagen, der mehrere Menschen töten musste, um zu überleben. Es ist eigentlich eher üblich, die möglichen traumatischen Konsequenzen unter den Tisch fallen zu lassen, nachdem ein Mensch einen anderen getötet hat. Viele scheinen sofort wieder in den Alltag einzutauchen, ohne Gedanken an ihr Töten zu verschwenden.
Rebeckas Kindheit und Jugend in Kiruna wurde durch den Glauben geprägt. Kirchen und Sekten beherrschen diese karge Landschaft. Die Menschen fühlen sich mit Gott eng verbunden, durch ihren Glauben und ihre Kirche sind sie engstirnig und rigoros in ihrem Handeln. Die Idee der Vergebung scheint den Polarkreis noch nicht erreicht zu haben. Aber die Gläubigen spenden sehr viel Geld für ihre heiligen Vorbilder auf Erden.
Als junges Mädchen wurde Rebecka Mitglied einer Sekte; Thomas, ein junger Pastor, organisierte ein Sommerkirchencamp, um junge Mädchen und Jungen für seine Kirche zu begeistern. Er zollte speziell Rebecka sehr viel Aufmerksamkeit und so wurde Rebecka schwanger.
Viktor – der gutaussehende und einfühlsame Viktor – war auch in diesem Sommercamp und … Rebekka hatte sich sofort in ihn verliebt. Später hatte er eine Nahtod-Erfahrung und schrieb ein Buch darüber, und über sich und Gott, ein sehr erfolgreiches Buch. The Paradise Boy wurde Viktor von da an genannt: eine Ikone des Glaubens und der Wiedergeburt, einer der einflussreichsten Menschen in Kiruna und der Glaubensgemeinschaft.
Rebecka aber war nicht für diese Kirche geeignet, die sich später The Source of All Our Strength nannte und sich ein monumentales Denkmal in The Crystal Church setzte. Rebecka wurde aus der Gemeinde ausgeschlossen; und dann gab es auch noch eine Abtreibung. Sie ist von ihren Erfahrungen aus jener Zeit immer noch traumatisiert, sogar heute noch, als sie in Stockhom lebt, nach ihrer Zeit an der Universität, nachdem sie es geschafft hat, als Anwältin in einer der großen, angesehen Kanzleien als Spezialistin für Steuerrecht zu arbeiten .
Viktor wird grausam ermordet – er wird in The Crystal Church regelrecht abgeschlachtet. Viktors Schwester bittet Rebecka, zurückzukommen und sie als rechtliche Vertreterin in diesem Fall zu unterstützen. Rebecka zögert nicht, obwohl sie keine Erfahrung im Strafrecht hat, und bucht geradewegs einen Flug von Stockholm nach Kiruna.
Es ist ein Chaos: der ermordete Viktor, die Verfilzung in der Kirche und zwischen den Kirchenältesten, die Differenzen über das Kirchenvermögen, Rebeckas Vergangenheit und ihre Schuldgefühle, ein von seiner Karriere besessener Staatsanwalt, die Medienmeute, die The Paradise Boy in seinem Tod anzieht, mehr und mehr heimliche Verbrechen unter dem Deckmantel von Rechtschaffenheit und Glauben. Rebecka findet sich inmitten des ganzen Aufruhrs wieder und muss plötzlich um ihr Leben kämpfen – und das Leben anderer, speziell von zwei kleinen Mädchen.
Rebecka tötet schließlich die bösen Jungs und überlebt – wenn auch schwer verletzt sowohl physisch als auch psychisch. Sie kann erst einmal nicht in ihr Leben und ihr Büro in Stockholm zurückkehren und nimmt Urlaub, einen langen Urlaub. Dann wird sie in einen anderen Mord in einer Kirche nahe Kiruna verwickelt, wo eine Pastorin erschlagen und erhängt wird, und muss am Ende einen Mord und einen Selbstmord direkt vor ihren Augen mitansehen. Rebecka flüchtet sich in den Wahnsinn.
Erst etwa zwei Jahre später kommt sie zurück und lebt mit vielen Pillen, aber sie ist zurück in ihrem Haus in Kiruna. Sie kann immer noch nicht nach Stockholm zurückkehren, obwohl ihr Chef Måns sie eindringlich darum bittet. Also wechselt sie die Lager und wird eine stellvertretende Staatsanwältin in Kiruna, ein Job, der für andere Juristen nicht gerade attraktiv ist – wegen Kiruna, wegen des Klimas und der Einöde. Es ist ein Versuch; der Generalstaatsanwaltschaft gibt ihr eine Chance.
Rebecka kommt damit ohne große Probleme klar. Sie arbeitet mit Inspector Anna-Maria Mella und Inspector Sven-Erik Stålnacke zusammen wie schon früher. Beide kennen ihre Vergangenheit und waren Zeugen der schrecklichen Ereignisse und des blutigen Chaos vor einigen Jahren. Jetzt kommen neue Fälle auf sie zu, aber im Grunde hat sich nichts geändert … Die Menschen sind immer noch so kaltblütig und grausam wie vorher.
Da gibt es einen Fall, der weit in die Vergangenheit reicht – in die Nazi-Aktivitäten in Skandinavien: eine Familie möchte ihren Ruf und ihre Macht schützen und schreckt dabei vor Mord nicht zurück. Eine mögliche Erbschaft mit einer elitären Erbfolge führen zu jahrzehntelanger Planung von Mord und noch mehr Morden … und … Menschen werden mit Brechstangen erschlagen, Eislöcher in zugefrorenen Seen werden blockiert, damit Taucher aus dem eiskalten Wasser nicht die rettende Oberfläche erreichen können. Geld ist immer der Hauptantrieb für Verbrechen, speziell wenn es um das ganz große Geld geht, die Karriere, den sozialen Aufstieg.
Rebecka hat recht lange eine Beziehung mit Måns, ihrem Chef in Stockholm. Er liebt sie, aber sie kann sich nicht entschließen. Schließlich lernt sie jemanden in Kiruna kennen, und es scheint, dass sie mit ihm glücklich ist. Wie ich schon früher erwähnte: sie ist ein einsamer Wolf … Beziehungen fallen ihr schwer und zerbrechen recht schnell.
Im letzten Roman der Reihe kommt Rebecka langsam zur Ruhe, aber erst nachdem sich langsam ein Verbrechen entfaltet, dessen Wurzeln Jahrzehnte zurück reichen. In diesem Familienmiteinander und -gegeneinander spielen auch Rebecka und ihre verstorbene Mutter eine Rolle. Aktuell geht es um Wirtschaftsverbrechen großen Ausmaßes, garniert mit Erpressung und Mord. Rebecca verzweifelt an ihrem Leben und stürzt sich in gefährliche Abenteuer. Sie kann von dieser Landschaft im hohen Norden und ihrer Kargheit, dem einfachen Leben, das aber auch mit Alkohol gar nicht so leicht ist, nicht loslassen. Sie bleibt – trotz alles Angebote aus Stockholm – und kehrt zurück zu ihrer letzten Romanze.
Kurz gesagt: alle Fälle sind eigentlich einfach, aber gleichzeitig auch komplex. Die Menschen sind grausam, besonders wenn sie töten. Da gibt es kein Erbarmen, kein Mitleid – immer führen Habgier, Besessenheit und Rache die Hand, die tötet.
Es gibt TV-Verfilmungen von Rebeccas Ermittlungen, die auf den Romanen basieren – eine Serie mit mittlerweile 2 Staffeln) ähnlich wie alle diese düsteren, depressiven Krimiserien aus dem Norden Europas.